Über meinen Feedreader bin ich auf einen interessanten Artikel in der “Zeit” aufmerksam geworden (http://www.zeit.de/zeit-wissen/2011/04/Antifeatures) welcher von sog. Antifeatures handelt. Ein sicherlich klassisches Beispiel dafür ist die Simlock-Sperre bei Handys. Hier wurde extra eine Funktion entwickelt, welche es dem Konsumenten erschwert die SIM-Karte nach Belieben auszusuchen, obwohl es von der Bauart keine Unterschiede gibt.
Zum besseren Verständnis vergleicht der Artikel die Situation mit einem Autohändler, der Autos mit angezogener Handbremse verkauft und sie erst gegen Aufpreis löst. Das Beispiel halte ich insofern für problematisch als das die Grenze zwischen Antifeature und Tuning sehr dünn wenn nicht sogar schwammig ist.
Der Artikel beschränkt sich ausschließlich auf die Software-Branche, was sicherlich dem Wort “Antifeature” geschuldet ist, vergleicht dabei das Vorgehen immer wieder mit Mafia-Methoden. Einen Wikipedia Eintrag gibt es bisher noch nicht zu Antifeatures. Es gibt noch einen längeren Eintrag auf netzpolitik.org (http://netzpolitik.org/2011/dradio-wissen-antifeatures-funktionen-die-wir-nicht-wollen/).
Meiner Ansicht nach sind Antifeatures keine Erfindung der Software-Industrie, hier ist es vielleicht nur besonders deutlich bzw. aufgrund der immer wiederkehrenden Unterscheidung von Bugs und Features sehr anschaulich. Zigaretten enthalten z.B. über 600 verschiedene Zusatzstoffe (http://www.netdoktor.de/Gesund-Leben/Rauchen/Krank-durch-Rauchen/Tabakwaren-Was-drin-steckt-9369.html) die vor allem die Abhängigkeit fördern und den Geschmack verbessern. Den Geschmack verbessern ist sicherlich im Sinne des Rauchers, die Abhängigkeit fördern würde auch unter die Definition Antifeature fallen, weil es sicherlich eine Funktionalität ist die der Konsument nicht will.
Genauso könnte man die elektronische Abriegelung von Fahrzeugen bei 250 km/h als Antifeature bezeichnen, allerdings dient es in diesem Fall der Sicherheit, genauso wie möglicherweise die elektronische Blockade von fremden Akkus in Handys.
Ich persönlich finde die Diskussion etwas naiv, weil Antifeatures keine neue Erfindung sind. Es scheint jetzt einfach nur greifbarer zu sein, weil es zudem Firmen gibt, die Chips entwickeln welche mit Absicht fremde Akkus schneller entladen, um somit einen Qualitätsmangel vorzutäuschen. Genauso gibt es aber auch schon immer Ingenieur-Büros die damit beschäftigt sind ein Bauteil so zu entwickeln das es vom Materialaufwand nach Möglichkeit gerade so die 24 Monate bzw. zwei Jahre Gewährleistung übersteht und idealerweise im 25 Monat kaputt geht. Das Problem mit der langen Haltbarkeit und den vielen Funktionen ist einfach das sie nicht zum Konsum beitragen. Ohne Konsum gäbe es aber keine Wirtschaft, Arbeitsplätze, etc.
Von der anderen Seite betrachtet kostet die Unternehmen die Entwicklung eines Antifeatures Geld. Die Notwendigkeit eines Antifeatures kann sich somit auf zwei Dinge begründen, zum Einen die mangelnde detaillierte Vergleichsmöglichkeit bzw. Motivation des Verbrauchers zwischen zwei Angeboten, der letztendlich einfach nach dem Preis entscheidet und hofft das der Name hält was er verspricht und zum Anderen die geringe Wertschätzung des Produktes. Jeder der ein Antifeature bemängelt muss sich im selbem Atemzug fragen ob er das Produkt gekauft hätte, wenn der Betrag gleich entsprechend höher um die Kosten für die Beseitigung des Antifeatures gewesen wäre.
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